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Amiga-Logo Interview mit Stefan Domeyer

Amiga und die Zukunft

Die CeBIT '96 stand f�r Amiga-Fans ganz im Zeichen des neuen Amiga-Modells �Walker�. Wir haben die Gelegenheit vor Ort genutzt und Stefan Domeyer �ber die aktuelle Amiga-Situation und besonders �ber die Pl�ne mit dem Walker befragt.

Auf der CeBIT traffen sich auf dem Escom-Stand viele Amiga-H�ndler und User. Dabei standen immer die gleichen Themen im Mittelpunkt: Wie sieht es um die Zukunft von Amiga aus und ist der Amiga-Walker das Gelbe vom Ei? Stefan Domeyer gibt uns Auskunft.

�Wie hat sich aus Ihrer Sicht der Amiga-Markt seit der Wiedergeburt letztes Jahr entwickelt?

Der Amiga-Markt '95 hat sich de facto sehr gut entwickelt. Wir haben aber feststellen m�ssen, da� wir zu optimistisch geplant haben. Gegen�ber diesen Planungen war das Ergebnis '95 nat�rlich entt�uschend. Wenn man das Ergebnis aber isoliert betrachtet, wieviel Computer wir nach einer sehr langen D�rreperiode, in der es praktisch Amiga nicht gegeben hat, verkauft haben, sind wir trotzdem sehr stolz auf diesen Erfolg.

�Wie kam dennoch das Absatzloch im Januar/Februar '96 zustande?

Das Loch Januar/Februar '96 ist zun�chst einmal ein saisonales Loch. Zum anderen ist das Weihnachtsgesch�ft der H�ndler und Distributoren nicht mit leeren Lagern abgeschlossen worden, sondern es gab Best�nde, die zun�chst einmal verkauft werden mu�ten. Wir beobachten aber jetzt wieder Auftragseing�nge. Die Lagersituation bei den H�ndlern und Distributoren scheint sich bereinigt zu haben.

�Wieso sind die Amiga-H�ndler momentan etwas ver�rgert?

Die Distributorensituation ist zur Zeit etwas un�bersichtlich. Wir haben Distributoren, die sehr klein und spezialisiert sind und wir haben sehr gro�e Distributoren, die ein reines Waren-Handling-Gesch�ft betreiben, die also f�r ihre Dienstleistung nicht so sehr auf eine hohe Marge angewiesen sind. Diese unterschiedlichen Profile bei den Distributoren sorgen nat�rlich f�r Verwirrung im Amiga-Markt, weil auch der H�ndler nicht wei�, wo er seine Ware beziehen soll. Wir werden die Situation genauer betrachten und haben bereits mit Distributoren Vereinbarungen getroffen, um eine Kl�rung der Situation schnell herbeizuf�hren.

�Welche Vertriebskan�le wird es zuk�nftig geben?

Zum ersten gibt es Distributoren. Dies ist eine kleine Anzahl und zwar diejenigen, die sich wirklich bem�hen, ihre H�ndler zu unterst�tzen.

Zum zweiten haben wir direkt neue H�ndler aufgebaut. Wir haben mit unserem Vertriebsleiter Stefan Haas in Deutschland eine H�ndler-Kampagne gestartet. Die Aquisition dieser H�ndler hat nat�rlich vor allem zum Ziel, nicht nur ehemalige Amiga-H�ndler zu generieren, sondern zus�tzlich EDV-H�ndler, die sich f�r das Thema Amiga begeistern lassen. Wir schlie�en an diese H�ndler-Aquisition auch intensive H�ndlerschulungen an. Damit verbunden ist die Auszeichnung �Amiga-Certified-Dealer�, so da� der Kunde auch eine gewisse Sicherheit hat, da� er bei diesem H�ndler Kompetenz und Beratung vorfindet.

Der dritte Vertriebskanal ist das Mail-Order-Gesch�ft. Mit Quelle sind wir sehr zufrieden. Wir haben auch einige andere gro�e Mail-Order-Kunden, die sich sehr gut entwickeln, die vorsichtig angefangen haben, z. B. Conrad, und kontinuierlich aufsteigende Zahlen vorweisen.

Als viertes sind die �Ketten� von gro�em Interesse f�r uns. Bei Media Markt haben wir momentan noch enorme Widerst�nde, aber wir arbeiten daran, da� Amigas dort k�nftig angeboten werden. Wir sind auch immer wieder in einigen Karstadt-H�user vertreten, aber wir haben keine kontinuierliche Listung bei Karstadt. Es ist nat�rlich unser Ziel, da� die H�user, die mit Amiga gute Gesch�fte machen, die Konzernzentralen soweit �berzeugen, da� wir in allen Karstadt-H�usern pr�sent sein werden.

�Welchen Stellenwert hat das Amiga-Surfer-Paket bei AMIGA Technologies?

Das Amiga-Surfer-Paket ist ein Produkt, das eigentlich nicht f�r die typische Amiga-Gemeinde gedacht ist. Der Ansatz war, das in der �ffentlichkeit sehr stark beworbene Thema �Internet� auf den Amiga zu transportieren. Wir konnten und wollten das Thema nicht ignorieren. Es war aber auch klar, da� ein erfahrener Amiga-User kein Problem hat, ins Internet einzusteigen. Der Surfer wendet sich vielmehr an potentielle neue Kunden, die die Internetl�sung als Einstieg in die Amiga-Welt auffassen k�nnen. Das ganze Paket ist gekoppelt mit einem sehr attraktiven Preisangebot und dem Provider IBM, der uns erlaubt, dieses Konzept weltweit durchzuziehen.

�Warum werden die St�rken des Amiga, Grafik und Video momentan nicht forciert?

Das liegt an der heutigen Konstellation unserer bestehenden Produkte. Wir haben noch das Produktprogramm von Commodore, so wie wir es �bernommen haben. Diese Produkte haben Limits. Heute ist ein Computer mit 2 MByte Hauptspeicher, sowie ein Tastaturgeh�use und eine eingeschr�nkte Ausbauf�higkeit eine starke Limitierung. Genau diese Limitierung gilt es zu sprengen. Das Ergebnis wird der Amiga-Walker sein.

Bei Grafik/Videoanwendungen wird sich auch was tun, jedoch auf einer anderen Vertriebsschiene, da die Video-Freaks klar eingrenzbar sind. Diese Zielgruppe ist durch sog. Value added Reseller zu bedienen, beispielsweise durch Electronic Design. Es geh�rt wesentlich mehr dazu, so ein System zu verkaufen als ein Amiga-Surfer bzw. Amiga-Magic. Das Fachwissen mu� also in die H�ndlerschaft hineingetragen werden. Erst wenn wir diese Infrastruktur geschaffen haben, lohnt es sich auch werblich in dieses interessante Thema einzusteigen.

Bild vom Walker(5/17 KByte) Der Walker-Prototyp

�Wird das Amiga-Modell �Walker�, das hier auf der CeBIT Premiere feiert, einen neuen Meilenstein setzen?

Es besteht die absolute Notwendigkeit, einen signifikanten Marktanteil im Konsumer-Bereich zu erlangen. Wenn dieser Anteil zu gering ist, ist unser Produkt Amiga nicht attraktiv genug, um Software zu generieren. Von daher stehen wir unter dem Druck, Marktanteil zu generieren, evtl. unter Inkaufnahme geringer Margen evtl. sogar Verlusten. Dazu geh�rt aber auch eine Vision. Wir meinen, die Vision besteht darin, da� Amiga-User kreativer sind als PC-Anwender. Sie geben sich nie mit dem zufrieden, was sie haben, sie sind immer auf der Suche nach neuen Wegen. Dieses Gef�hl hat der Amiga dem User immer gegeben und das mu� so bleiben. Amiga-User geh�ren zu den letzten Home-Usern, die noch programmieren. Das wird man auf Windows-Ebene kaum finden. Der Amiga mu� also eine programmierfreundliche Maschine bleiben. Das Thema Spiele tr�gt zum Image des Amiga als Spielecomputer bei. Wir wollen von diesem Spiele-Image weg, aber der Amiga mu� immer ein Computer sein, auf dem es Spa� macht zu spielen.

All diese Ziele wird der Walker erf�llen.

�Warum sieht der Amiga-Walker nicht wie gew�hnliche Computer aus?

Wir sind davon ausgegangen, da� wir mit dem A 1200 nur eine begrenzte Zeit am Markt agieren k�nnen. Wir haben das klare Ziel, den Power-Amiga (Amiga inkl. PowerPC) zu integrieren, aber wir wissen, da� so ein Entwicklungsprojekt zwar planbar ist, aber Zusagen bzgl. Lieferbarkeit sehr schwer sind. Wir sprechen also davon, ein neues Betriebssystem zu generieren und die Identit�t des alten Betriebssystems praktisch zu erhalten. Da wir aber ein neues Produkt brauchten, analysieren wir also die Schw�chen des Amiga 1200 und bringen eine Maschine, die diese Schw�chen des A1200 beseitigt.

Das Ergebnis ist der Walker in seiner jetzigen Variante. Es ist ein vollkommen neues Board integriert. Es ist zwar ein 680x0-Prozessor implementiert, eine Generation, die wir hier noch fortf�hren werden. Allerdings haben wir die Limitation auch gebrochen. Wir wollen einen Computer, der nicht den Weg ins h�usliche Arbeitszimmer findet, im B�ro hat er auch nicht viel zu suchen, sondern einen Computer, den man in den Wohnraum stellen kann. Das Designbewu�tsein ist in unserer Kundengruppe sehr gro�. Wir wollten nicht erreichen, da� die Leute vor dem neuen Amiga stehen und sagen: �Ja, das ist ein neuer Amiga�. Wir wollten erreichen, da� die einen sagen, �ja wir lieben ihn� und die anderen m�gen ihn nicht, weil er aussieht wie ein VW-K�fer oder wie ein Staubsauger�. Denn auch bei diesen Leuten erreichen wir, da� �ber den neuen Amiga diskutiert wird. Der Walker soll auffallen, polarisieren und sich klar von den g�ngigen PCs abheben.

�Ist die Technik beim Walker nicht veraltet?

Die Technik ist �berhaupt nicht veraltet, da wir ein offenes Konzept verfolgen. Wir m�ssen hier unterscheiden zwischen der Boardtechnologie und dem grunds�tzlichen Design. Das grunds�tzliche Design wird durchgezogen, auch beim Power-Amiga. Das ist die Basis der neuen Maschinen, d.h. wir haben eine modulare Struktur. Der Kunde kann dieses Geh�use scheibchenweise bis zu einem Big Tower erweitern, in Schritten, die er selbst definieren kann. In diesen Schritten sind dann Slots f�r weitere Erweiterungen vorgesehen. Wie die Slots aussehen, diskutieren wir momentan mit unserem Partner phase V. Zorro mit Sicherheit, ob es Zorro IV geben wird, ist noch in Diskussion, PCI wird stark kontrovers diskutiert, weil es unendliche M�glichkeiten bietet. Allerdings baut PCI eine Br�cke in die PC-Welt.

�Wie sieht der Preis aus f�r den Walker aus?

Wir wollen unter 1600 Mark bleiben. Wir planen einen Ladenpreis von ca. 1500 Mark, allerdings inkl. CD-ROM und wenn wir es von den Design-Kosten her schaffen mit einem internen Modem. Unserer Meinung nach mu� es mindestens ein 28800-Modem sein. Es ist nur die Frage, ob es technologisch noch in dieses Preisgef�ge pa�t. Wenn ja, dann wird es in die 1500 Mark mit integriert sein.

Eine Kaufentscheidung f�r den Amiga-Walker, der ab Anfang September '96 lieferbar sein soll, mu� dem Kunden garantieren, da� ihm die Welt des zuk�nftigen Power-Amiga offensteht. Daher die Definition eines offenen Buses, der es erlaubt, durch ein Upgradeboard aus dem Walker einen Power-Amiga zu machen. Dies ist ein gemeinsames Projekt mit phase V. Die Hardwarevoraussetzungen werden mit Verf�gbarkeit des Walker erf�llt sein. Das begrenzende Merkmal ist das Betriebssystem. Wir haben Hoffnungen, es ebenfalls im Lauf dieses Jahres fertig zu bekommen, wir wissen es aber noch nicht. Wenn das OS 4.0 dann lieferbar ist, gibt es das f�r den Walker-Besitzer zu einem Preis, der nicht h�her ist, als wenn er sich im Fr�hjahr '97 den endg�ltigen Power-Amiga kaufen w�rde. Es lohnt sich also nicht, auf den Power-Amiga im Fr�hjahr '97 zu warten.

�Handelt es sich beim Walker um eine Eigenproduktion?

Der Walker wurde komplett von uns selbst konzipiert. Die Hardware ist mit gro�er Unterst�tzung von Motorola-Ingenieuren entwicket worden. Dieses Konzept gilt auch f�r den Power-Amiga, ein gemeinsames Projekt mit Motorola unter unserer Federf�hrung. Hardwareseitig f�hrt Dave Haynie und softwareseitig Andy Finkel Regie, beides Bekannte aus den guten alten Amiga-Zeiten. Die beiden sind seit November '95 f�r uns t�tig. Wir sind jetzt in der konkreten Design-Phase, d.h. da� Architekturfragen im Betriebssystem zur Zeit definiert werden: Welche Module des bestehenden Betriebssystem sind in welcher Reihenfolge zu portieren, welche m�ssen ersetzt werden, welche m�ssen hinzukommen? Die Portierung des �exec� ist bei phase V soweit fortgeschritten, da� wir in den n�chsten Tagen eine Evaluierung durchf�hren werden, ob dieser Kernel der zuk�nftige native Kernel sein wird, oder ob es eine komplett neue Entwicklung geben mu�.

Im Bereich der Hardware-Entwicklung haben wir keine Probleme. Es wird ein vollkommen neu designter Power-Amiga werden als Nachfolger des Amiga 1200. Der Preis f�r den Power-Amiga soll bei 1000 Mark liegen, wobei dieses Einstiegsmodell in der Grundversion nicht mit allen Komponenten des Walker ausgestattet sein wird, wie 28 800-Modem und CD-ROM-Laufwerk.

�Wird es auch einen PowerPC-Nachfolger auf Basis des Amiga 4000 geben?

Unsere Aufgabe ist es ebenfalls, eine Maschine zu bringen, die als High-End-Maschine verstanden werden kann - auf Basis des Walker-Konzeptes. Wir wollen hier das Preissegment unter 3000 Mark nicht verlassen. Wenn der User eine High-End-Maschine haben will, also eine Maschine die Silicon Graphics Konkurrenz machen kann, dann wird er das durch Produkte unserer Partnerfirmen erzielen k�nnen, die Erweiterungskarten bauen werden.

�Wird es Kompatibilit�tsprobleme beim Schritt zum Power-Amiga geben?

Wir wollen unsere Historie nicht abschneiden, aber sie wird uns einige Steine in den Weg legen. Es gibt zahlreiche Applikationen im 68k-Bereich, die uns jetzt schon Probleme bereiten. Wir werden im ersten Zuge die Developer-Guide neu �berarbeiten, um eine klare Grundlage f�r Entwickler zu bieten. Au�erdem wird der erste Release des neuen OS, nicht der Version 4.0, sondern 3.2 bzw. 3.3 aus einer stabilen 68k-Emulation bestehen. Wir wollen unsere Software-Potentiale nicht abschneiden. Wir wollen auch native-Applikation haben, wenn der Power-Amiga verf�gbar ist. 68k-Software mu� auch auf dem Power-Amiga lauff�hig sein. Es wird aber dennoch Applikationen geben, die diese Me�latte nicht erreichen werden, besonders im Spielebereich.

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Bild von S. Domeyer(5/20 KByte) Stefan Domeyer

Stefan Domeyer ist seit dem 1. August 1995 bei AMIGA Technologies und seit dem 1. Oktober 1995 neben Petro Tyschtschenko als Gesch�ftsf�hrer t�tig. Sein Aufgabenbereich ist schwerpunktm��ig Finanzen und Controlling sowie Produktentwicklung.


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Zuletzt aktualisiert von David G�hler am 9. April 1996